Die Studierenden des Bachelorstudiums Sekundarstufe Berufsbildung Fachbereich Ernährung sind wieder an den HUM Schulen im Einsatz.
Die Schülerinnen und Schüler sind im Schichtbetrieb in der Klasse und die Studierenden dürfen unter strengsten Covid Auflagen sowohl hospitieren als auch die Lehrübungen absolvieren. Sowohl die Motivation der Studierenden als auch der Schülerinnen und Schüler ist unglaublich hoch.
Die Bereitschaft der Schulen, dass die Studierenden die Stunden absolvieren können, ist zuvorkommend und sehr kooperativ, wir fühlen uns als Gäste sehr willkommen. Für die Studierenden ist es eine große Chance und Erfahrung nach einer langen Pause im distance learning wieder in den Klassen zu unterrichten.
Gedankensplitter zu einer zeitgemäßen Wandlung von Pädagogik 1.0 zu Pädagogik 3.0. Innerhalb von wenigen Tagen wird an der Pädagogischen Hochschule Wien die Präsenzlehre auf Fernlehre umgestellt.
13. März 2020, Pressekonferenz um 11:00 Uhr: Das Ministerium gibt für Hochschulen, Universitäten und Forschungsinstitutionen Folgendes bekannt:
Im Laufe des Zeitraums zwischen 9. März und 16. März haben nun alle Universitäten und Hochschulen ihren Lehrbetrieb auf virtuelle Lehre / distance learning / home learning umgestellt. Die Prüfungen finden derzeit online statt oder unter Einhaltung der hygienischen Verhaltensregeln, soweit dies aufgrund der örtlichen Situation vertretbar ist, oder werden verschoben. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen ersucht das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung um größtmögliche Kulanz den Studierenden gegenüber.
Von einem Tag auf den anderen Tag wurden die Präsenzeinheiten auf Fernlehre umgestellt. Begriffe wie „virtuelle Lehre / distance learning / home learning“ klingen sehr modern und sehr sexy. Ist Digi.kompP über Nacht wahr geworden?
digi.kompP beschreibt Kompetenzen in sogenannten Can-Do-Statements in den acht Bereichen A bis H, welche Studierende vor (0) und während (1) des Lehramtstudiums und neu in den Dienst tretende Pädagoginnen und Pädagogen im Rahmen der ersten fünf Praxisjahre (2) erwerben sollen.
Die Studierenden durften nicht mehr während ihrer dreiwöchigen Schulpraxis (= Professionalisierungspraktikum) die geplanten Unterrichtseinheiten umsetzen, obwohl die Schüler*innen an den BMHS „noch“ bis zum Ende der Woche Unterricht hatten.
Viele Pädagoginnen und Pädagogen mussten quasi über Nacht ihren kompletten Unterricht umstellen und reorganisieren. Die Studierenden durften in der Lehrküche und in der Betriebsküche nicht mehr an den Übungen teilnehmen, sie durften auch keine Seminare und Vorlesungen mehr besuchen. Der Betrieb wurde eingestellt und die Hochschule wurde bis auf Weiteres geschlossen.
Eine Herausforderung für alle Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch eine Chance, eine sehr kreative Chance. Neben außerberuflichen Kriterien kommen noch andere Kriterien unbewusst hinzu, wie Angst vor dem Unbekannten, den familiären Situationen, den sozialen Kontakte, der Betreuung von Familienmitgliedern, Risikogruppen und den gesetzlichen Maßnahmen der Regierung um das Corona Virus (COVID-19).
Fragen über Fragen!
Die Vortragenden und Pädagoginnen und Pädagogen stellen sich derzeit sehr viele Fragen: Wie plane ich meine Lehrveranstaltung um? Wie muss ich die Beurteilung verändern? Wie kann ich mit den Studierenden kommunizieren? Wie kann ich die Interaktionen zwischen den Studierenden fördern? Wie gestalte ich die fachpraktischen Lehrveranstaltungen mediendidaktisch um? Ist jedes Unterrichtsfach für Fernlehre geeignet?
Kennen Sie die zehn Punkte des guten Unterrichts?
nach Hilbert Meyer (2004) und nach Andreas Helmke (2007)
Zur Wiederholung hier sind sie aufgelistet:
KRITERIEN NACH
HILBERT MEYER
Klare Strukturierung des Unterrichts
Hoher Anteil echter Lernzeit
Lernförderliches Klima
Inhaltliche Klarheit
Sinn stiftendes Kommunizieren
Methodenvielfalt
Individuelles Fördern
Intelligentes Üben
Transparente Leistungserwartungen
Vorbereitete Umgebung
KRITERIEN NACH
ANDREAS HELMKE
Strukturiertheit und Klarheit
Effiziente Klassenführung und
Zeitnutzung
Lernförderliches Unterrichtsklima
Ziel- und Kompetenzorientierung
Schülerorientierung, Unterstützung
Methodenvariation
Aktivierung: selbstständiges Lernen
Sicherung, intelligentes Üben
Vielfältige Motivierung
Passung der heterogenen Lernvoraussetzungen
Diese Kriterien wurden ausgerichtet und definiert nach einem Unterricht in der Klasse bzw. Seminarraum in der Schule bzw. an der Hochschule, der Universität oder an der Fachhochschule. Doch sind diese einzelnen Punkte nicht auch in Hinblick auf die neuen Schlagworte wie „virtuelle Lehre / distance learning / home learning“ umsetzbar?
JA, das ist möglich! Aber auch über Nacht? – Das ist eine große Herausforderung!!!
Schritt für Schritt – step by step
Kritische Aspekte und Umsetzungsmöglichkeiten habe ich in Olaf-Axel Burow „Die digitale Dividende“ (2014) gefunden.
Eine positive Pädagogik kann eine Chance sein, wenn der Blick auf die Chancen statt auf die Begrenzung fokussiert ist, sowohl im Kollegium als auch mit Studierenden. Lernende haben viel Potential und Kreativität. Sie könnten es durch Entwicklungstagebücher und/ oder Zukunftswerkstätten umsetzen. Das Miteinander ist wichtig, nicht das Gegeneinander.
Statt digitaler Demenz für alle, soll die digitale Dividende genutzt werden. Dieser Punkt schrieb über Nacht Geschichte! Wie kann ich mit Hilfe des Internets die digitale Dividende in meinem Bereich nutzen, um die Arbeit mit Studierenden, aber auch mit Kolleg*innen zu optimieren und zu erleichtern? Was zwar jetzt noch schwer fällt, wird teilweise miteinander erlernt.
Das erste ZOOM Meeting ist noch fremd, sowohl für Studierende als auch für Lehrende. Doch jeder ist dankbar für Tipps und Erfahrungen bei neuen Anwendungen und Tools, die jetzt genutzt werden sollen.
Digitale Schulungen werden so oft genutzt wie bisher noch nie (Moodle-Schulung, ZOOM-Schulung, Mahara, Erstellen von Lernvideos etc.), andere Plattformen werden angewendet wie trello, slack, skype, teams etc., die Nutzung von Wissensportalen und speziellen Foren wird verstärkt besucht, mit neuen Methoden wird experimentiert und sie werden angewendet (Beispiel aus der Fachpraxis: Studierende kochen zu Hause mit Zutaten, die zu Hause verfügbar sind; sie kochen neue Kreationen, dabei müssen sie neu Rezeptieren und Videos und eine Dokumentation erstellen). Statt Nachlernen alter Lösungen ist die Initiierung kreativer Felder und Förderung kollektiver Kreativität gefordert .
Die Regelung nach bestimmten Lernzeiten ist in den letzten Wochen aufgehoben. Statt Normierung und Verplanung heißt es jetzt Lernen in Freiheit. Die Studierenden lernen ortsunabhängig und zeitunabhängig. Es gibt einige Zeiten, wo ZOOM-Konferenzen stattfinden, sonst haben sie Arbeitsaufträge über einen bestimmten Zeitraum zu erfüllen und die Abgaben werden langfristig geplant .
Unterstützung müssen die Studierenden in dieser Zeit erhalten – durch virtuelle Sprechstunden, Synergieteams unter den Studierenden werden gebildet. Man sollte im Vorfeld digitale Tools vorgestellt haben und als Unterstützung anbieten. Im Sinne metakognitiven Lernens führen Kategorien der Selbstbestimmungstheorien (Selbstbestimmung, Perfektionierung, Sinn bzw. Zugehörigkeit) zu einem besseren Lernerfolg .
Statt Entwerten – Wertschöpfung durch Wertschätzung
Auf gute Beziehung und Wertschätzung kommt es an. Lernen hat etwas mit Beziehung zu tun. Ich kann nicht Lernen, wenn die Beziehung zur/zum Dozierenden nicht gegeben ist. Empathie ist notwendig, sowohl in der Schulpraxis als auch im fachpraktischen Unterricht .
Das Geheimnis des Erfolgs ist die Wertschätzung von Beziehungen und des Lernens in Beziehungen.
Bildquelle: Wertschätzung, kuprevich, freepik
Für mich sind besonders folgende Aspekte einer zeitgemäßen Bildung wichtig:
Empathie,
gute inhaltliche Vorbereitung angepasst an meine Zielgruppe (Moodle-Kurse werden erst freigeschaltet, wenn Termine und Inhalte angepasst wurden),
Förderung und Forderung,
authentisch sein,
nichts verlangen, was ich nicht selbst einhalten kann,
Großes Lob an die Studierenden und Lehrenden der PH Wien
Es gilt sich fortzubilden in den persönlichen Netzwerken und am Puls der Zeit zu bleiben. Das, was in den letzten Tagen und Wochen an Innovation und Flexibilität von den Lernenden und Lehrenden gezeigt wurde, ist vorbildlich und hat etwas mit zeitgemäßer Bildung zu tun. In diesem Sinne:
Ein großes Dankeschön an alle, die solche Vorbilder sind!
Literatur:
Burow, O. (2014). Digitale Dividende Ein pädagogisches Update für mehr Lernfreude und Kreativität in der Schule. Weinheim: Beltz (abgerufen am 27.03.2020)
Helmke, A. (2007). Merkmale der Unterrichtsqualität Friedrich Jahresheft 2007, S. 64: (abgerufen am 27.03.2020)