Meine Seele hat es eilig: ein Nachruf

OStR. Prof. Mag. Karl Sagmeister
* 19.10.1960 – † 24.10.2020

In tiefer Betroffenheit und Trauer geben wir bekannt, dass unser geschätzter Kollege Karl Sagmeister am Samstag, den 24.10.2020, plötzlich aus dem Leben gerissen wurde.

Wir haben Karl als engagierten, zuverlässigen und stets hilfsbereiten Kollegen schätzen gelernt. Als Koordinator der Erweiterungsstudien im Fachbereich Technik und Gewerbe, als Lehrender und Betreuer von Bachelorarbeiten war es ihm ein großes Anliegen, seine Studierenden bestmöglich zu beraten und zu unterstützen.

Karl war ein sehr offener, aufrichtiger und konstruktiver Mensch, der uns in Instituts-besprechungen durch seine oft kritischen Worte dazu gebracht hat, über institutionelle Herausforderungen oder zu treffende Entscheidungen gründlich nachzudenken, das Für und Wider genau abzuwägen. Für viele von uns war Karl mehr als nur ein Kollege, er war ein sehr guter Freund. Wir werden ihm deshalb immer ein ehrendes Andenken bewahren.

Am 18.11.2018 hat Karl an einige seiner Freundinnen und Freunde ein berührendes Gedicht versandt. Dieser Text sagt sehr viel über ihn und sein Wesen aus. Es handelt sich um einen Gesang auf die Kürze des Lebens. Im Original heißt es „Tempo que foge!“ („Die Zeit, die flieht!“ bzw. „Meine Seele hat es eilig!“). Der Text stammt von Ricardo Gondim (São Paulo, Brasilien), oft Mário de Andrade ​zugeschrieben.

Meine Seele hat es eilig!

Ich habe meine Jahre gezählt und festgestellt, dass ich weniger Zeit habe, zu leben, als ich bisher gelebt habe.
Ich fühle mich wie dieses Kind, das eine Schachtel Bonbons gewonnen hat: Die ersten isst es mit Vergnügen, aber als es merkt, dass nur noch wenige übrig sind, begann es, sie wirklich zu genießen.
Ich habe keine Zeit für endlose Konferenzen, bei denen die Statuten, Regeln, Verfahren und internen Vorschriften besprochen werden, in dem Wissen, dass nichts erreicht wird.
Ich habe keine Zeit mehr, absurde Menschen zu ertragen, die ungeachtet ihres Alters nicht gewachsen sind.
Ich habe keine Zeit mehr, mit Mittelmäßigkeiten zu kämpfen.
Ich will nicht in Besprechungen sein, in denen aufgeblasene Egos aufmarschieren.
Ich vertrage keine Manipulierer und Opportunisten.
Mich stören die Neider, die versuchen, Fähigere in Verruf zu bringen, um sich ihrer Positionen, Talente und Erfolge zu bemächtigen. Meine Zeit ist zu kurz, um Überschriften zu diskutieren. Ich will das Wesentliche, denn meine Seele ist in Eile. Ohne viele Süßigkeiten in der Packung.

Ich möchte mit Menschen leben, die sehr menschlich sind.
Menschen, die über ihre Fehler lachen können, die sich nichts auf ihre Erfolge einbilden.
Die sich nicht vorzeitig berufen fühlen und die nicht vor ihrer Verantwortung fliehen.
Die, die menschliche Würde verteidigen und die nur an der Seite der Wahrheit und Rechtschaffenheit gehen möchten.
Es ist das, was das Leben lebenswert macht.
Ich möchte mich mit Menschen umgeben, die es verstehen, die Herzen anderer zu berühren.
Menschen, die durch die harten Schläge des Lebens lernten, durch sanfte Berührungen der Seele zu wachsen.

Ja, ich habe es eilig, ich habe es eilig, mit der Intensität zu leben, die nur die Reife geben kann.
Ich versuche, keine der Süßigkeiten, die mir noch bleiben, zu verschwenden.
Ich bin mir sicher, dass sie köstlicher sein werden, als die, die ich bereits gegessen habe.
Mein Ziel ist es, das Ende zufrieden zu erreichen, in Frieden mit mir, meinen Lieben und meinem Gewissen. Wir haben zwei Leben und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.

Ricardo Gondim, 10.05.2008

Lieber Karli, wir vermissen dich!

In tiefer Verbundenheit
deine Kolleginnen und Kollegen vom IBB

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