Miteinander | Das Handbuch für inklusiven Unterricht an berufsbildenden Schulen
Das Handbuch bzw. die Übungen wurden von Dr.in Sabine Albert und Dr. Jure Purgaj vom Institut für Berufsbildung (IBB) an der Pädagogischen Hochschule Wien im Rahmen des Projekts „I-VET – Inklusive Berufsbildung in der Republik Moldau“ entwickelt. Die Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) zeichnete für die Durchführung und das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) für die Förderung des Projekts verantwortlich.
Im Zuge des I-VET Projektes wurde in der Republik Moldau, begleitet durch den OeAD, Inklusive Bil-dung eingeführt und in die nationale Gesetzgebung verankert. Dabei wurden institutionelle Unter-stützungsstrukturen geschaffen und vor allem die Psycho-pädagogischen Servicestellen (SAPs) sowie die Nationale Koordinationsstelle (CRAP) genutzt und mit einbezogen, um Lehrpersonen bei der Um-setzung von Inklusiver Bildung bestmöglich zu unterstützen. Anhand von neun Pilotschulen werden seit dem Schuljahr 2018/2019 erfolgversprechende Ansätze erprobt und die Lehrpersonen konnten die dafür notwendigen Kompetenzen erwerben.
MITEINANDER I und II wurde in einer Kooperation zwischen österreichischen und moldauischen Exper-tinnen und Experten erarbeitet und allen 89 berufsbildenden Institutionen in der Republik Moldau zur Verfügung gestellt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden in enger Kooperation mit allen rele-vanten Stakeholdern entwickelt. Es wurden nicht nur klare Regelungen zum Übergang zwischen Allge-meinbildung und Berufsbildung geschaffen, sondern auch methodisch-didaktische Grundlagen gesetz-lich verankert und die Möglichkeit der Individualisierung von Lehrplänen und der Berufsausbildung mit Teilqualifizierung geschaffen.
MITEINANDER I und II bieten allen Lehrer*innen abseits von Workshops und Beratungen notwendige Informationen für die Umsetzung Inklusiver Bildung im Unterricht.
Das Handbuch MITEINANDER II liegt nun auch in deutscher Fassung auf dieser Seite zum Download vor.
Vorwort
Das vorliegende Handbuch für inklusiven Unterricht dient als Hilfestellung und Inspiration für Lehrper-sonen an berufsbildenden Schulen und soll die praktische Umsetzung erleichtern. Allerorts wird von inklusivem Unterricht gesprochen, was dabei konkret zu tun ist und wie dabei vorgegangen wird, bleibt jedoch allzu oft im Unklaren. In diesem Buch werden Sie keine Rezepte finden, wie es geht. Es ist so aufgebaut, dass in jedem Kapitel zunächst theoretische Informationen zu den Themen gegeben wer-den. Praktische Beispiele dienen als Denkanstöße. Durch abschließende Übungen soll erreicht werden, dass die Leserin*der Leser selbst Ideen entwickelt und eigene Möglichkeiten der Umsetzung entwirft, wobei der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind. Die Übungen selbst können nach Belieben abgewandelt und an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden.
Wir wünschen Ihnen gutes Gelingen bei Ihrer ganz persönlichen Umsetzung von inklusivem Unterricht.
Inhalte
Kapitel 1: MENSCHENBILDER
Menschenbilder bestehen aus einem Bündel von Überzeugungen darüber, wie Menschen sind und auch, wie sie sein sollen (Zichy, 2017). Anders als bei Einstellungen, wo etwas oder jemand bewer-tet wird, indem eine Zustimmung oder Ablehnung erfolgt, gehen Personen davon aus, dass ihre Überzeugungen subjektiv gültig sind (Fahren-berg, 2006). Den Einstellungen und Über-zeugungen sind Wertesysteme übergeordnet, die als Maßstäbe zur Bewertung von Handlungen und Handlungszielen dienen und Entscheidungen ermöglichen (Fuchs, 1975). Kurz: Menschenbilder bestehen aus einem Überzeugungssystem oder auch aus Menschenbildannahmen.
Kapitel 2: INDIVIDUALISIERUNG
Im Unterricht an berufsbildenden Schulen finden wir eine große Heterogenität von Schüler*innen vor. All diese Schüler*innen haben unterschied-liche Bedürfnisse und Bedarfe, die es im Unter-richt zu berücksichtigen gilt. Dabei ist es wichtig, die Schüler*innen in ihrer Einzigartigkeit wahr-zunehmen, zu verstehen und zu begreifen, was jede*r Einzelne von ihnen braucht, um gut lernen zu können. Der Blick auf den*die Schüler*in ist dabei notwendig, jedoch ohne dabei die gesamte Klasse und das Lernziel aus den Augen zu ver-lieren.
Kapitel 3: KOMPETENZORIENTIERUNG
In der Pädagogik wird der Begriff „Kompetenz“ mit dem Kompetenzmodell und der kritisch-konstruktiven Didaktik von Wolfgang Klafki (1996) in Verbindung gebracht. Verstehen, Zu-sammenhänge herstellen, Probleme analysieren, Lösungswege entwickeln und diese kritisch zu evaluieren stellen Kompetenzen dar, die zeigen, dass die Schüler*innen eigenständige Lern-leistungen erbracht haben, die nicht nur auf Merkwissen begrenzt sind. Diese Kompetenzen ermöglichen es den Schüler*innen, auf Heraus-forderungen in Beruf und Leben kompetent zu reagieren.
Kapitel 4: BEURTEILUNGSMÖGLICHKEITEN ZUR FÖRDERUNG VON INKLUSION
Inklusion endet nicht bei einem Fahrstuhl oder einer Anpassung an die Bedürfnisse aller, sie beginnt dort. Das gleiche können wir auch für das Beurteilen sagen: Das Lehren und Lernen endet nicht beim Beurteilen, dort fängt es erst an.
Bildnachweise: Stephen Arnold on Unsplash
Projektteam
Dr.in Sabine Albert hat an der Univer-sität Graz im Bereich Bil-dungs- und Erziehungswis-senschaften zu den Themen Menschenbilder und Respekt im Unterricht promoviert. An der Universität Wien hat sie Pädagogik und eine Fächer-kombination aus Psychologie und Politikwissenschaft stu-diert. Als Mitglied in einer wis-senschaftlich-professions-orientierten Arbeitseinheit beschäftigt sie sich mit Diver-sität und Inklusion in der beruf-lichen Bildung. Sie lehrt an der Pädagogischen Hochschule Wien am Institut für Berufs-bildung. Sie forscht und pub-liziert zu pädagogischen sowie didaktischen Themen. Nach Abschluss des Lehramts für den Fachbereich Information und Kommunikation konnte sie 20 Jahre lang Berufserfahrung an einer integrativ geführten berufbildenden Schule in Wien sammeln. Für ihre berufs-lebenslange (Selbst-)Professi-onalisierung nutzt sie vielfäl-tigste Fort- und Weiterbil-dungsangebote sowie Profes-sionelle Lerngemeinschaften.
Dr. Jure Purgaj ist Designer, Designforscher und Dozent. Derzeit ist er an der Pädago-gischen Hochschule Wien am Institut für Berufsbildung im Fachbereich für Mode und Design und an der Universität für Angewandte Kunst in Wien am Zentrum für Didaktik für Kunst und interdisziplinären Unterricht tätig. 2005 schloss er sein Modedesign-Studium an der Universität für Ange-wandte Kunst in Wien bei Raf Simons ab. 2008 erhielt er die Auszeichnung Perspective Fashion Designerin Ljubljana, Slowenien. 2012 erhielt er vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) ein Forschungsstipendium für einen Forschungsaufenthalt im Design Research Lab der Universität der Künste Berlin. 2013 promovierte er an der Universität von Ljubljana, Slo-wenien in Designforschung. Seit 2008 unterrichtete er unter anderem an der Academy of Design in Ljubljana, Slo-wenien, und an der Raffles University Iskandar, Malaysia. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der inklusiven Berufsbildung, Designpraxis, Designtheorie und der Designdidaktik.
Elisa Deutschmann, BA MA leitet seit 2018 das OeAD Ko-operationsbüro in der Republik Moldau im Auftrag des öster-reichischen Bundesministe-riums für Bildung, Wissen-schaft und Forschung. Sie unterstützt vor Ort das mol-dauische Ministerium für Bil-dung und Forschung in der Umsetzung von Reformen im Bereich der Berufsbildung. Neben Projekten zur Stärkung des Berufsschulmanagements und des Aufbaus von Koopera-tionsnetzwerken im Berufs-schulwesen betreut sie seit 2018 die Umsetzung von inklu-siver Berufsbildung in der Republik Moldau. Elisa Deutschmann hat Politik-wissenschaft in Wien und Prag studiert. Vor ihrer Tätigkeit in der Republik Moldau war sie unter anderem für die Öster-reichische UNESCO-Kom-mission in Wien tätig.
Impressionen von der Veranstaltung an der PH Wien am 8. Juni 2022
Das Programm zur Veranstaltung kann hier eingesehen werden.
Ein Mitschnitt der Vorträge wird in Kürze hier veröffentlicht. Wir bitten Sie um noch etwas Geduld.
Die rumänischen Version des Handbuchs kann hier heruntergeladen werden.
Kontakt
Dr.in Sabine Albert | Institut für Berufsbildung (IBB) an der PH Wien
E-Mail: sabine.albert(at)phwien.ac.at
Dr. Jure Purgaj | Institut für Berufsbildung (IBB) an der PH Wien
E-Mail: jure.purgaj(at)phwien.ac.at